Auch bei dringendem Handlungsbedarf muss man Entscheidungen solcher Tragweite solide begründen können
Ohne jeden Zweifel bedarf der sanierungsbedürftige Zustand des Neuen Rathauses dringend einer Lösung. Ohne ein funktionsfähiges Rathausgebäude kann die Verwaltung einer Stadt ihren Aufgaben nicht gerecht werden. Mitarbeitende einer Verwaltung brauchen vernünftige Arbeitsbedingungen.
Aber gerade weil ein Rathaus so wichtig ist und auch hohen Anforderungen genügen muss, müssen Entscheidungen dazu in einem transparenten öffentlichen Diskussionsprozess in den Ausschüssen und im Stadtrat getroffen werden. Einen solchen Prozess gab es nicht. Weder wurde öffentlich diskutiert, ob der jetzige Standort angesichts von nun im Raum stehenden Sanierungskosten von 42 Mio. € gehalten werden kann, noch ob eine Stadtverwaltung unbedingt in einem einzigen Gebäude untergebracht sein muss. Denkbar wäre nämlich aus Sicht der Grünen auch folgende Variante: Die publikumsintensiven Teile der Verwaltung werden in der Innenstadt angesiedelt und für die restlichen Teile der Verwaltung wird ein Verwaltungsgebäude an einem anderen Standort errichtet.
Den Ratsfraktionen liegen bislang keine genaue Kostenplanungen für eine Sanierung des Neues Rathauses vor. Insofern ist völlig unklar, ob die angestrebte Rückkehr in das bisherige Gebäude jemals realisiert werden kann. Davon hängt aber doch ab, ob man eine Übergangslösung oder nicht viel eher endgültig eine andere Lösung braucht. Es soll nun eine Arbeitsgruppe eingerichtet werden. Das ist zwar begrüßenswert, aber viel zu spät. Die Ergebnisse einer solchen Arbeitsgruppe hätten die Grundlage für die Entscheidung bilden müssen, die nun aus der Not heraus getroffen wird.
Ohnehin fragen wir uns, wie man angesichts der sich für die kommenden Jahre abzeichnenden Haushaltslage Sanierungskosten von über 40 Mio. € rechtfertigen will, sobald es wieder ein funktionierendes Verwaltungsgebäude gibt. Denn damit besteht dann kein dringender Handlungsbedarf mehr. Die grüne Fraktion befürchtet, dass es realistischerweise darauf hinauslaufen wird, dass die Übergangslösung zur endgültigen Lösung wird.
Auch wenn ein Rathaus von zentraler Bedeutung für eine Stadt ist, müssen in Anbetracht der Haushaltslage alle denkbaren Alternativen, die zu geringeren Aufwendungen führen könnten, öffentlich diskutiert werden. Und sei es nur, um die Akzeptanz für solche Entscheidungen zu erhöhen. Es ist nicht vermittelbar, dass es einerseits keine Mittel für die Sanierung von Brücken, Hallenbad oder Bürgerhallen gibt, anderseits aber Millionensummen für die Sanierung des Neuen Rathauses zur Verfügung stehen sollen.
Wie konnte es so weit kommen, dass eine Entscheidung solcher Tragweite jetzt so getroffen werden muss? Notwendige Sanierungen werden immer weiter geschoben, bis eine Notlage eintritt. Der marode Zustand des Rathauses ist seit Jahren bekannt. Die Frage hätte in den letzten Jahren mit oberster Priorität behandelt werden müssen. Es hätten die genauen Sanierungskosten ermittelt werden müssen, es hätte entschieden werden müssen, ob das gesamte Rathaus in der Innenstadt sein muss und es hätte jede in Frage kommende Fläche als erstes unter dem Gesichtspunkt betrachtet werden müssen, ob sie sich für ein Rathaus oder einen Teil davon eignet.
Fatal ist bei solchen Entscheidungen unter Zeitdruck, dass es häufig an einer vernünftigen Entscheidungsgrundlage mangelt und wir als Fraktion überhaupt nicht beurteilen können, ob eine Sanierung des jetzigen Rathauses finanzierbar sein wird, ob wir einen ganz anderen Rathausstandort oder ein kleineres Verwaltungsgebäude außerhalb der Kernstadt plus einem zentralen Bürgerbüro in der Innenstadt hätten fordern sollen.
Die Grünen haben nach dem Sachstandsbericht der Verwaltung im Mai alles versucht, um eine Entscheidung zu verhindern, die unter solchen Bedingungen zustande kommt. Auf unsere Einladung haben wir mit den anderen Fraktionen in der Sommerpause ausführlich mögliche Optionen diskutiert. Das Problem ist aber, dass man eine Lösung eben nicht einfach aus dem Ärmel schüttelt, sondern in einem vernünftigen Diskussionsprozess hätte entwickeln müssen.
Die grüne Fraktion trägt diese Art der Entscheidungsfindung nicht mit. Gespräche mit den Fraktionen hinter verschlossenen Türen ersetzen nicht öffentliche Diskussionen über derart wichtige Entscheidungen in den zuständigen Gremien, deren Konsequenzen letztlich den städtischen Haushalt in erheblicher Höhe belasten. Neben den Kosten von 20 bis 21 Mio. € für die Übergangslösung, die zu den Investitionen zählen und über Kredite finanziert werden, werden jährlich Abschreibungen und Zinsen in Höhe von rund 1 Mio. € anfallen, die im Haushalt ausgeglichen werden müssen. Bei einem Wiederverkauf des Gebäudes würden zunächst einmal die Kredite getilgt werden müssen. Hinzu kommen dann die Sanierungskosten von bislang geschätzt 42 Mio. € für das Neue Rathaus, die aber noch nicht einmal alle notwendigen Arbeiten umfassen.
Wir können nicht ohne ausreichende Entscheidungsgrundlage Beschlüsse mit solchen Auswirkungen fassen. Es kann nicht sein, dass man nur lange genug untätig bleiben muss, um dann Entscheidungen durchdrücken zu können, die unter Abwägung aller Alternativen und Kosten in einem transparenten öffentlichen Prozess hätte gefunden werden müssen.
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